moabit, mon habit
Gedichte, 2008
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heute früh eine
kleine gelbe E-Lok
ganz allein auf den Schienen
in Spielzeugbahnentempo
der Stromabnehmer
ein heller Segelschatten unter dem
Kabelwind
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der Morgen begann schon verheißungsvoll
mit Sonnenstreifenerglühen der
Wand – und jetzt flattert ein
rotes (!) Sweatshirt am
Fenster gegenüber,
wehende winkende
Ärmel eine Be-
wegung wie
beseelt
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die Straße. die Wohnung. leer.
unbeschrieben. aber mehr (oder weniger) als das.
reine Potentialität. Scheu vor der Festlegung. (mich einzurichten. die Wände zu berühren.)
weniger ein Schiff als ein Floß. an den Rändern offen (wovon es wegtreibt. eine sich stetig ändernde Form. ohne Kontur.)
eine Wohnung fürs Barfußgehen. bloße Füße auf Holz. Sandalen.
der Bleistift. die Zeichen. die zugleich Auslöschung der Zeichen sind.
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immer wieder: gehen von drinnen
nach draußen auf den Balkon in
die Sonne nur um zu gucken
dem Geratter Geschepper hinterher
Müllautos
Kabelwagen
Gerüsttransporter
Stunden später sind alle Schatten nach
links gerückt
aufrechte Zeiger die vom
Ende des Tages künden
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mit Buntstift markierte
Zeitungsartikel rot
vorbeiratternde Züge
18, 32 Waggons gelb
warme Nachmittage
im Weißblau
von Bettdecke und Kissen
(weich gepolstert)
auf dem Boden
das Glas mit
Instantkaffee
- - (Stille)
der Trompeter (im Haus gegenüber)
– –
als hätte sich die Welt
gedreht
Frühling Sommer Herbst
im Gelenk
schiene
die Sonne jetzt
von der anderen Seite
an Spinnweben aufgehängt
- - (Vorfrühling)
das rosige Abendlicht
die Kühle der Wege
der Geruch von geschnittenem Holz
Magnolien
ganz und gar japanisch
anmutende
Kimonoschleifen
(Obi)