Theresia Hauenfels / Thomas Jorda »Wohnen im Sommer – Das Phänomen Sommerfrische«

29.03.2009

Theresia Hauenfels / Thomas Jorda »Wohnen im Sommer – Das Phänomen Sommerfrische«Buchbesprechung

»Mein Gott, ich hasse diesen Ort mit seinen endlosen Geschichten von Vertreibung, verlassenem Land, Familien, die sich danach sehnen, nach Hause zurückzukehren. Ich will in der modernen Welt leben«, sagt Silvana, eine Triestiner Malerin in der Erzählung »Café Wars« von Barbara Strathdee. Und weg wollen sie irgendwie alle aus Triest, der »einzigen italienischen Stadt Österreichs« während der k. u. k. Zeit und später dann, nach dem Ersten Weltkrieg, der »einzigen Stadt Italiens mit habsburgischer Kultur«. Aber dann kommen sie doch nicht los von der Triestinità, dieser melancholischen, introvertierten, selbstverliebten Geisteshaltung dieser Stadt, die zwischen Tradition und Moderne schwankt, die den Anschluss sucht, auch jetzt noch, wo doch die Grenzen schon eine Weile wieder offen sind, das Hinterland wieder betretbar, Slowenien, Österreich, Istrien, und sie, die Bewohner, endlich aus der jahrzehntelangen »geographischen Sackgasse«, die auch eine mentale war, hinaus ins Freie, in die Gegenwart treten können. Aber da sind eben die Geschichten, jede in ihrer Sprache, slowenisch, deutsch, italienisch, diesem besonderen venezianischen Dialekt, der so viele Elemente seiner Sprachnachbarn enthält, und es wird noch eine Zeit vergehen, ehe all diese Geschichten erzählt worden sind, übersetzt von der einen Sprache in die andere, bis daraus eine große Geschichte geworden ist, eine lange Erzählung mit vielen Erzählern, die einander nicht mehr ins Wort fallen.

Weißes Leinen über runden Tischen, Korbstühle, lauer Wind, der mit den halbgeöffneten Fenstern spielt, eine Tür, die zuschlägt, ein Rufen im Hof, aus dem Garten, von der Straße, Schatten, die wandern über rauh verputzte Mauern, ein Zittern im Baum, ein Vogel, der singt und den Mittag hoch macht wie den Himmel, der fast durchsichtig ist von der Hitze, der Geruch trockener Erde, der Sonne auf der Haut. Früher hatte man Zeit, viel Zeit, dem nachzuspüren, einen ganzen Sommer lang. Mitte Juni packte man die Koffer und zog aus der hitzebrütenden Stadt aufs Land, in die Sommerfrische: ein Haus am Meer, eine Villa am See, eine Hütte in den Bergen. Und dort blieb man, bis die Schatten länger wurden und die Nächte kalt. Der mit zahlreichen Schwarzweißfotos von Christof Aigner versehene Band zum Thema, herausgegeben von Theresia Hauenfels und Thomas Jorda, zeigt die ganze Vielfalt der Sommerresidenzen, die Niederösterreich zu bieten hat, und verlässt dazu allzu engstirnige Definitionen, bezieht er doch die Schlösser des Adels ebenso ein wie die Sonntagssommerfrische des kleinen Mannes: das Badehäuschen oder den Wohnwagen im Grüngürtel der Stadt. Und da fängt man natürlich an zu träumen, beim Blättern, von einem Sommerhäuschen mit Wald und Wiese und Bach und See – und sieht es schon vor sich, mit all der Sonnentrunkenheit und den tiefschwarzen Schattenecken und der Farbigkeit des Sommers – und ist, wenn man dann wieder ins Buch schaut, erstaunt, dass die Fotos hier so blass gedruckt sind, als läge der Staub eines ganzen langen, heißen Sommers auf ihnen, das trübt die Freude an dem sonst so schönen Band.


Theresia Hauenfels / Thomas Jorda: »Wohnen im Sommer. Das Phänomen Sommerfrische«. Mit Fotografien von Christof Aigner. Residenz-Verlag, 224 Seiten, 29,90 Euro

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