Die Sozialisation von Jungen ist allgegenwärtig, überwältigend stark, manipulativ, emotional grausam und wirkungsvoll. Die Möglichkeit, anders zu sein, sich dem System zu entziehen, ein Schlupfloch zu finden, gibt es nicht. Wer es versucht, wird abgestraft, zum einen von der Vätergeneration, deren Tyrannei ihren Söhnen gegenüber von uns allen toleriert wird, zum anderen von Gleichaltrigen, aber auch von den Müttern. Um zu überleben, müssen Jungen zu den Männern werden, die wir im Patriarchat haben wollen. Um zu überleben, müssen sie alles Sanfte ablegen, sich dem Drill beugen und mitmachen. Ja, Männer haben eine Vormachtstellung in unserer aktuellen Gesellschaftsform. Aber sie haben sich nicht aktiv dafür entschieden. Sie sind ins Patriarchat hineingeboren worden. Und zwar von uns. Sich diese Verstrickung bewusst zu machen, ist für einen Feminismus des Miteinanders essenziell.
Mareike Fallwickl, Liebe Jorinde oder Warum wir einen neuen Feminismus des Miteinanders brauchen